Videospieljournalismus kann von kritischer Tech-Berichterstattung lernen

Nach der medialen Aufarbeitung des Cambridge-Analytica-Skandals, bei dem die gleichnamige Firma über zwielichtige Wege 50 Millionen Datensätze von Facebook-Nutzer*innen ergatterte und diese unbemerkt für die Beeinflussung der US-Präsidentschaftswahl 2016 nutzte, bröckelt die Fassade der Social-Media-Konzerne. Auf einen Schlag verstehen mehr Menschen, dass es auf Facebook, Instagram, Twitter und Co. nicht um gemeinsame Diskussionen, sondern Datensammeln und Werbeauswertung geht.

Seit dem hinterfragen immer mehr Journalist*innen die offiziellen Narrative des Silicon Valley. "Es gab schon immer ein Publikum für kritische Berichterstattung über diese Firmen und Industrien", sagt etwa Paris Marx. Marx ist Moderator des Tech-Podcasts Tech Won’t Save Us, in dem er einmal pro Woche mit Gästen über aktuelle Netzkultur- und Technologiethemen aus einer kritisch-progressiven Perspektive spricht. "Aber um 2018 herum, seit dem Techlash und Cambridge Analytica, hat sich die Art der Berichterstattung, die die Leute lesen wollen, verändert." 

Spiele als Produkte zu besprechen hat Tradition

Ein Moment mit ähnlichem Potenzial für die Videospielbranche ist im Jahr 2017 die Veröffentlichung von Blood, Sweat and Pixels. In dem Buch zeichnet der Journalist Jason Schreier die Entwicklungszyklen von Spielen wie Stardew Valley, Destiny oder Dragon Age: Inquisition nach. Plötzlich werden schlechte Arbeitsbedingungen und unbezahlte Überstunden in einem Bestseller breitgetreten und die Sensibilität dafür, dass Spiele zu machen eben kein Traumjob ist, weiter geschärft.

Ein kompletter Sinneswandel der Medienhäuser und Journalist*innen bleibt allerdings größtenteils aus. Das liegt zum Teil auch an der Geschichte des Spielejournalismus, auch in Deutschland.

Florian Zandt

Florian Zandt

Florian berichtet seit über zehn Jahren über popkulturelle Phänomene zwischen Musik, Netzkultur und Games, schreibt unter anderem für den Spiegel und Golem und podcastet bei Lost Levels.
Hamburg