Steam hat ein Betrugsproblem, gegen das es wenig tun kann

"Ich muss mit dir reden, ich habe einen riesengroßen Fehler gemacht." Ein bis auf den Namen Chester anonymer und mir unbekannter Discord-Account will sich auf der Chat-Plattform aus dem Nichts entschuldigen. "Ich habe deinen Steam-Account versehentlich wegen illegaler Einkäufe gemeldet", behauptet er. "Der Admin sagt, dein Account wird deshalb gelöscht."

Den entsprechenden Steam-Account habe ich 2006 angelegt, um Half-Life 2 spielen zu können. Seitdem haben sich dort mehr als 900 Spiele angehäuft. Dieses Konto zu verlieren wäre also eine Katastrophe – wenn die Drohung denn wahr wäre.

So funktioniert die Betrugs-Masche auf Discord und Steam

Dass es sich bei Chesters Nachricht um eine Betrugsmasche handelt, ahne ich schon. Das Profil ist ohne verknüpfte Konten in anderen sozialen Medien niemandem zuzuordnen. Es hat kein Avatar-Bild, nur einen einfarbigen Platzhalter. Und auch das textbausteinartige Englisch, in dem kaum auf meine Nachfragen eingegangen wird, wirkt verdächtig.

Dabei geben sich die Betrüger wirklich Mühe: Innerhalb weniger Sekunden schickt der angebliche Valve-Mitarbeiter "Chris" mir über einen weiteren Discord-Account ein gut gemachtes Video. Darauf ist mein tagesaktuelles Steam-Profil zu sehen. Die Maus fliegt ein bisschen hin und her und zeigt mir die vermeintliche Löschanfrage.

Natürlich würden Mitarbeitende von Steam niemals solche wichtigen Support-Anfragen über eine externe Plattform wie Discord bearbeiten, wie mir auch der Support von Valve versichert. Dennoch ist der Trick durchdacht. Das Discord-Profil von "Chris" imitiert haargenau den Steam-Account eines echten Valve-Mitarbeiters: Avatar, Benutzername, alles passt genau. Auf den ersten Blick könnte man also wirklich glauben, hier mit einem Admin zu sprechen.

Auf den letztendlich allzu offensichtlichen Betrugsversuch angesprochen reagiert "Chester" schnell mit einer weiteren Entschuldigung. "Ich brauche Geld für die Schule", behauptet er. "Chester" sei 20 Jahre alt und studiere in Manila. 400 Dollar würden die Studiengebühren an der privaten Xavier School in der Hauptstadt der Philippinen kosten. Im Monat verdiene er umgerechnet nur 300 Dollar.

Daniel Ziegener

Daniel Ziegener

Daniel war jahrelang freier Autor beim Spiegel, GameStar und Co. Heute ist er Redakteur bei Heise Online – und nebenbei leitender Redakteur von Debuff.
Bremen